Vor ca. 12 Jahren verstarb Heinrich Meyer und mit seinem Tod hinterließ er ein paar Bienen in Körben und Segeberger Magazine. Bis dahin hatte ich mit Bienen nichts im Sinn. Aber jemand mußte sich um die Tier kümmern.
Gerhard Meyer, der Bruder von Heinrich, nahm mich unter seine Fittiche und zeigte mir, wie man die Bienenvölker gut durch die Jahreszeiten bringt und auch noch Honig erntet. Die ersten Jahre hielt ich Bienen nur in Kästen. Mit Beruf und Familie ließ sich bis dahin die Korbimkerei nicht vereinbaren. Gerhard überwinterte ca. 20 Völker in Körben, die dann zur Heideblüte auf 70 anwuchsen. Durch Gerhard, der in der dritten Generation die Tradition der Heideimkerei weiterführte, lernte ich diese Betriebsweise kennen. Wenn ich hier von Betriebsweise spreche, so ist damit ebenso ein anderes Verständnis vom Bienenvolk gemeint. De ole Heidje secht:" de hebt dor een Imm ston". Die Korbimker sprechen von einem Bien. D.h. dass ein Bienenvolk ehe als ein ausdifferenzierter Organismus zu begreifen ist. Im Gegensatz zur Magazinhaltung, durch die der Imker das Volk auseinander nehmen kann, wie er will, ist dass in den Körben nicht möglich.
In der Zusammenarbeit mit Gerhard lernte ich das Fangen von Schwärmen in Beuteln, das Reparieren und Streichen der Körbe, wie man Brettimmen vorbereitet, das Honigpressen und das Abstoßen der Völker u.v.m.
Leider verstarb Gerhard im Frühjahr 2008 und mit Ihm ein erhebliches Stück Kulturgeschichte der Lüneburger Heide. Denn nicht nur die Betriebsweise im Lüneburger Stülper und im Karnitzkorb gehören zur Heideimkerei, nein auch die plattdeutschen Begriffe, Weisheiten und Imkergesetzen und, nicht zu vergessen, die Geschichten.
Mittlerweile ist die Korbimkerei, d.h. das Fangen der Schwärme von Mai bis Juli, mit meiner Erwerbstätigkeit und der Familie vereinbar, so dass ich in diesem Winter zum ersten mal 10 Völker in Körben habe. Bienen sind Insekten und lassen sich weder domestizieren noch zähmen. Sie bleiben immer wilde Tiere und eine erfolgreiche Haltung erfordert, sie in ihren zahlreichen Eigenheiten zu akzeptieren und zu verstehen. Dazu ist viel Erfahrung und eine gute Beobachtungsgabe nötig. Trotz vieler fleißiger Füße und wehrhafter Stachel sind Bienen doch sehr sensible Tiere, die bei unsachgemäßer Haltung aufgrund ihres kurzen Lebenszyklus rasch erkranken und/oder zugrunde gehen können. In der Natur sterben jährlich etwa 60 % der neu gegründeten Staaten, zumeist an schlechten Umweltbedingungen, ungünstiger Nestwahl oder verschiedensten Feinden. Dies muss bei der Haltung sorgfältig beachtet werden, wozu viele unterschiedliche, nicht verallgemeinerbare und meist mündlich überlieferte Tricks und Kniffe nötig sind. Das war historisch immer so, weshalb der Imker früher als ausgemachter Fachmann galt, auf dessen Fähigkeiten man nicht verzichten konnte. Anders als in anderen handwerklichen Berufen konnte die Arbeit nicht kurzzeitig anderen (Leiharbeitern, Erntehelfern) übergeben werden, da man die Eigenheiten der Völker kennen musste und ihr Verlust nur schwer und aufwändig ersetzbar war. Ein erfahrener Imker sah sofort, wie es seinen Bienen ging, und konnte dies, aufgrund der vielen zu beachtenden Dinge, schlecht in kurzer Zeit vermitteln. Deshalb, aber auch, weil summende Bienen von sich aus unerfahrene Gäste auf Abstand halten, galt der Imker als Einzelgänger und Einzelarbeiter, dessen eigentliche Arbeitstätigkeit der Gemeinde bis auf einige Stereotype nie so recht bekannt wurde. Da ein gestochener Imker nicht zuckt, sondern normal und ruhig weiter arbeitet, galt er zudem als abgehärtet oder unerschrocken gegenüber dem, was man gemeinhin als überaus aversiv empfand: den Bienenstich. Da die Tätigkeit körperlich nicht anstrengend ist und auch im hohen Alter noch ausgeführt werden kann, wurde die Imkerei oftmals den Alten übertragen, weshalb der Imker historisch häufig mit Alter, Weisheit und Erfahrung, aber auch mit Verschrobenheit assoziiert wurde. Andererseits konnte er aber auch immer süße Leckereien anbieten.